Dörfliche Idylle in einer ruhigen, aber zentralen Lage
Homepage der Ortschaft: www.altengottern-thueringen.de
Ob man mit dem Auto, dem Fahrrad oder zu Fuß nach Altengottern kommt: Man sieht sie schon von weitem, die prächtige, ausladende Linde auf dem Roten Berg. Heimatdichter der Vergangenheit ließen sich immer wieder von ihr zum Schreiben von Gedichten und Geschichten inspirieren und machten sie damit unsterblich.
Auch heute noch ist der Lindenbaum das Wahr- und Wappenzeichen des Dorfes, dessen urkundliche Ersterwähnung in das Jahr 997 geht. Es war Kaiser Otto III, der mit der Schenkung seiner Güter – unter anderem in Aldengudeno – an das St. Viktorstift bei Mainz die Geburtsstunde des kleinen Ortes bestimmte. Amtlich bestätigt wird dies mit dem Vermerk: „…und damit die Gültigkeit meiner Schenkung möglichst sicher und dauerhaft bleibt, haben wir angeordnet, dass diese Niederschrift unseres Befehls angefertigt wird und wir haben sie durch den Druck unseres Siegelrings besiegelt, untern eigenhändig bestätigt…Ausgestellt 16 Tage vor den Kalenden des August im Jahre 997...“
1000 Jahre später, im Jahr 1997, feierten die Einwohner mit ihren Gästen das Jubiläum der urkundlichen Ersterwähnung. Und sie verstanden es, diese Einmaligkeit zu einem bedeutenden heimatgeschichtlichen und kommunalpolitischen Ereignis werden zu lassen, an dem Einwohner wie Gäste gleichermaßen Anteil nahmen.
Ein Blick in die Historie des Dorfes zeigt, wie die Lebensformen aller Generationen über die Jahrhunderte hinweg vom weltlichen Geschehen, von Epidemien und Hungersnot, Naturgewalten und Kriegen beeinflusst wurden, wie die Menschen gute und schlechte Zeiten durchlebten und dennoch immer wieder ihren Lebensmittelpunkt hier gefunden haben und finden. Wenngleich die Gründe dafür ganz verschieden gewesen sein mögen – und sind -, Heimat ist dort, wo sich Menschen wohlfühlen und leben möchten. Doch letztendlich sind sie es, die mit ihrem Tun zu ihrem eigenen und zum Wohl aller in der „Lebensgemeinschaft Dorf“ beitragen.
In Altengottern sind es elf Vereine, die mit ihrem Engagement im kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Leben die Dorfgemeinschaft prägen und wo das Miteinander von Geselligkeit bestimmt und das Gemeinwohl gefördert wird. Sie pflegen Traditionen, sehr alte und neu ins Leben gerufene und halten an liebgewonnenen Ritualen fest, die – einschließlich kirchlicher Feste - den Jahresablauf bestimmen. Auch die Jüngsten im Ort profitieren von diesem Engagement, sei es im Sportverein, in der Jugendfeuerwehr oder beim alljährlich stattfindenden Kinderfest. Hier lassen sie sich von den Floriansjüngern und deren Vorführungen begeistern, erleben die Bogenschützen vom Schützenverein, die wie einst Robin Hood elegant mit Pfeil und Bogen umgehen oder haben Spaß beim musikalischen Ratespiel mit dem Blasmusikverein, der seit Jahrzehnten das kulturelle Leben im Dorf bereichert.
Auch sitzen jung und alt beisammen, wenn der Trinitatisverein nach dem Flurgottesdienst am Sonntag nach Pfingsten zur Kaffeetafel einlädt und gemeinsam mit goldenen und diamantenen Konfirmanden deren Jubiläum feiert. Für so manchen ehemaligen Altengotterschen, der sein Glück in der Fremde gefunden hat, ein willkommener Anlass, die alte Heimat zu besuchen. Erinnerungen werden wach und die Neugierde auf Neues geweckt. Doch zunächst ist die Freude groß über die wieder aufgebaute Trinitatiskirche, in der man zu diesem feierlichen Anlass zusammengekommen ist. Dank des großen Engagements vieler am Erhalt der Kirche interessierter Menschen konnte am Erntedank-Sonntag 2001 die Wiedereinweihung gefeiert werden. Aufgrund seines desolaten Bauzustandes musste das aus dem Jahr 1682 stammende Gotteshaus 1968 geschlossen und 1985 gar der Dachstuhl abgenommen werden.
Heute ist die Trinitatiskirche eine Begegnungsstätte für Christen und Atheisten gleichermaßen und nimmt neben der Wigbertikirche im Unterdorf einen großen kulturhistorischen Stellenwert ein. Auch die Wigbertikirche hatte Mitte der 1960er Jahre um ihre Existenz zu bangen. Der Zahn der Zeit hinterließ seine Spuren und das Magdeburger Konsistorium hatte das vernichtende Urteil für den Abriss gefällt. Doch mit Erfolg setzten sich die damaligen Kirchenältesten gemeinsam mit dem Pfarrer der Kirchengemeinde für den Erhalt ein. Das mittlerweile 320 Jahre alte Gotteshaus ist umso bedeutungsvoller, da es eines der wenigen seiner Zeit ist, dessen Innenausstattung zum großen Teil aus dem Entstehungsjahr stammt. Eine kleine Ausstellung in der 2014 neu errichteten Heimatstube gibt einen Einblick in die Geschichte der Wigbertikirche, wie überhaupt in die Geschichte des Dorfes. Mit Dokumenten und Fotos, Gebrauchtwaren und Gerätschaften wird vieles von dem erlebbar gemacht, was für die Menschen in der Bewältigung ihres Lebens- und Arbeitsalltages unentbehrlich war. Gleich vom Eingang her wird der Blick des Besuchers auf ein Wandgemälde gelenkt, das eine Gesamtansicht des Ortes zeigt. Nicht zu verkennen sind die in eine sanfte hügelige Landschaft eingebetteten Häuser und die Unstrut, an deren linkem Ufer sich Altengottern auf einer Länge von nahezu zwei Kilometern erstreckt und deren Gebahren sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts schicksalhaft auf die Dorfbevölkerung auswirkte.
Die Nähe zur Unstrut mit ihren fruchtbaren Flussaueböden war einerseits der Grund für die Ansiedlung von Menschen vor ca. 3000 Jahren in diesem Gebiet, andererseits hatten alljährlich wiederkehrende Hochwasser im Dorf großen Schaden angerichtet. Selbst der Bau eines Dammes im Jahr 1670 schützte nicht wirkungsvoll vor Überschwemmungen, da dieser besonders in den Frühjahren von Eisgang und starken Niederschlägen durchbrochen wurde. Erst mit der Flussregulierung im Jahr 1863 – einer für die damalige Zeit imposanten Baumaßnahme, die ohne technisches Gerät und nur mit Händearbeit umgesetzt worden ist - brachte Altengottern und den zehn beteiligten Dörfern im Unstruttal Erleichterung und wirtschaftlichen Aufschwung durch fruchtbare Böden und reiche Ernten. Heute gibt sich die Unstrut als ruhiges Flüsschen, das an Wiesen und Feldern vorbeifließt, die - wie seit Jahrhunderten – für Ackerbau und Schafzucht genutzt werden. Doch die Zeiten, in denen die Einwohner vom Ackerbau und Viehzucht lebten, ihre Schuhe beim ortsansässigen Schuster reparieren und beim Schneider den Sonntagsfrack ausbessern ließen oder der Bäcker sie mit Brot und Brötchen versorgte, sind längst vorbei. War die wirtschaftliche Infrastruktur in den Jahren vor 1989 von Landwirtschaft, ortsansässigem Gewerbe, Handel und Dienstleistung geprägt, ist heute nur eine geringe gewerbliche Ansiedlung vorhanden. Den einzigen Rohstoff – den Ton vom Roten Berg – nutzt ein im Nachbarort angesiedeltes Unternehmen zur Produktion von Ziegeln.
Altengottern hat sich zu einem Wohnstandort in einer ruhigen, aber auch zentralen Lage gewandelt. Von hier aus bieten sich Ausflüge in den nahegelegenen Hainich-Nationalpark mit seiner Welterberegion, in die Kur- und Rosenstadt Bad Langensalza und mittelalterliche Reichsstadt Mühlhausen an. Direkt am Unstrut-Radweg gelegen, sind es oft Radwanderer, die im Biergarten der Gemeindeschänke eine Rast einlegen und im Schatten des über 110 Jahre alten zweistöckigen Backsteingebäudes ihre Brotzeit genießen.
Wer Ruhe und Natur sucht, für den lohnt eine Wanderung zum nahegelegenen Roten Berg, der nördlich der Ortslage markant aus der Landschaft ragt. Der Weg dorthin führt in ein Schutzgebiet mit einem von alten Baumriesen durchsetzten Waldbestand und Streuobstwiesen. Von hier aus bietet sich ein Blick hinab ins Dorf, dessen Kirchtürme jeweils im Osten und im Westen das Ortsende markieren.
Dörfliche Idylle strahlt der Ort aus, wo manches Mal noch ein Hähnekrähen die morgendliche Stille durchbricht. Wo das vertraute Läuten der Kirchenglocken allabendlich den Feierabend einläuten oder zum Gottesdienst rufen, Verstorbener gedenken oder junge Paare auf dem Weg zum Traualtar begleiten. Und wo ein architektonisches Kleinod am Ortseingang, gleich neben der Trinitatiskirche, wie ein Märchenschloss anmutet. Von 1180 bis zu deren Enteignung 1945 residierten hier die Adelsfamilien von Gottern, von Hagen und von Marschall.
Das denkmalgeschützte Schloss und einstige Rittergut mit seinen historischen Fenstern, dem großen Rundhof und dem Park im hinteren Bereich ist heute gut erhalten. Gern würde man einen Blick ins Innere werfen, wo der einstige Festsaal, der heutige Speisesaal und das Kaminzimmer noch den Charme früherer Zeiten versprühen. Doch der Zugang bleibt der Öffentlichkeit verwehrt, heute befindet sich im Schloss ein heilpädagogisches Kinder- und Jugendheim. Vieles ist in den zurückliegenden Jahren neu entstanden, saniert, modernisiert und für die Verschönerung des Ortes getan worden. Kommunale wie private Initiativen haben gleichermaßen zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen beigetragen. Nichts erinnert mehr an das Altengottern der Vergangenheit, vergessen ist der marode Straßenzustand mit seinen klaffenden Schlaglöchern, Spurrillen und abschüssigen Straßenkanten, den grauen Häuserreihen und desolaten Kirchengemäuern. Nur die Linde auf dem Roten Berg, sie grüßt wie eh und je Heimkehrer und Reisende.